Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 13. Juli 2015 das Recht auf Pressefreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes gestärkt (1 BvR 1089/13). Demnach darf die Untersuchung von Redaktionsräumen bzw. Wohnungen von Journalisten nicht vorrangig dem Zweck dienen, vermeintliche Straftaten von Informanten aufzuklären. Die Durchsuchung der Redaktionsräume einer Berliner Zeitung und der Privatwohnung eines Journalisten waren daher verfassungswidrig.

Zum Hintergrund: Zu Recherchezwecken im Zusammenhang mit dem Verschwinden zweiter Kinder war ein Journalist der betroffenen Berliner Zeitung 2011 in die Niederlanden gereist. Da die Recherchen zu einem mutmaßlichen Kinderhändlerring führten, hätte es für den Journalisten gefährlich werden können. Daher wurde er von zwei Personenschützern einer privaten Security-Firma und einem Polizisten begleitet. Der Einsatz des Polizisten war außerhalb seiner Dienstzeit und ohne Wissen seines Dienstherren erfolgt. Tatsächlich stellte der Polizist dem Verlag auch eine Rechnung über rund 3.000 Euro, was einem üblichen Tagessatz von 500 Euro entspricht.

Gegen diesen Polizisten wurde in einem anderen Zusammenhang wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat ermittelt. Er soll eine geplante Razzia der Berliner Polizei an Journalisten weitergeben haben. Über diese bevorstehende Razzia wurde aber nicht in der betroffenen Berliner Zeitung, sondern in einem anderen Online-Magazin vorab berichtet. Im Zuge dieser Ermittlungen wurde auch die Rechnung an die Tageszeitung gefunden. Dies führte dazu, dass die Redaktionsräume und die Wohnung des betroffenen Journalisten von der Polizei durchsucht und verschiedene Datenträger beschlagnahmt wurden. Dagegen legten der Verlag und der Journalist Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung ihres Grundrechts auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) ein.

Das BVerfG gab der Beschwerde statt. Die Durchsuchung der Redaktionsräume und der Wohnung seien verfassungswidrig gewesen. Denn die Durchsuchungen dürften nicht vorrangig dem Zweck dienen, die vermeintliche Straftat eines Informanten aufzuklären. Um solche Durchsuchungen zu rechtfertigen, seien vielmehr ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Straftat eines konkret betroffenen Presseangehörigen und nicht nur Mutmaßungen notwendig, so die Karlsruher Richter.

Der Schutzbereich der Presse umfasse auch den Schutz vor dem Eindringen des Staates in die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit inklusive der Vertrauenssphäre zu Informanten. Die Presse sei auf private Mitteilungen angewiesen, daher müsse sich auch der Informant auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen können. Die Durchsuchung der Presseräume stelle eine Störung der redaktionellen Arbeit und durch die möglicherweise einschüchternde Wirkung auch eine Beeinträchtigung der Pressefreiheit dar.

Rechtsanwalt Michael Horak aus Hannover begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: „Wesentlicher Baustein der Demokratie ist eine freie Presse. Die Arbeit der Presse darf nicht durch bloße Mutmaßungen beeinträchtigt werden.“

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