Nachgemachte oder unerlaubt hergestellte Produkte, die als Produktpiraterie und Markenpiraterie in den Markt gebracht werden sollen, können unter bestimmten Voraussetzungen durch die Zollbehörden beschlagnahmt werden.

Man spricht von Grenzbeschlagnahme, da diese Beschlagnahmen an den Grenzen erfolgen.

Hierbei wird unterschieden zwischen:

• der Grenzbeschlagnahme nach dem Gemeinschaftsrecht und
• der Grenzbeschlagnahme nach internationalen Rechtsvorschriften

Grenzbeschlagnahme nach dem Gemeinschaftsrecht

Um die Einfuhr rechtsverletzender Produkte aus nichteuropäischen Ländern (den Drittländern) zu unterbinden, wurde mit der EU-Verordnung  VO (EG) Nr. 1383/2003 ein geeignetes Instrument geschaffen. Die Verordnung findet auch nur dann Anwendung, wenn es sich um Nichtgemeinschaftswaren handelt, die sich unter zollamtlicher Überwachung bzw. in einer Freizone befinden.
Der Antrag nach Gemeinschaftsrecht kann für fast alle Schutzrechte gestellt werden. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Einfuhren rechtsverletzender Waren aus Drittländern auch dann noch, wenn die Waren die Grenze bereits passiert haben, sich aber noch unter zollamtlicher Überwachung befinden, sowie Ausfuhren in Drittländer.

Antragsberechtigt ist jeder Rechtsinhaber, der eines der folgenden Rechte besitzt:

  • eine Marke oder ein Zeichen
  • ein Patent
  • ein Zertifikat nach der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 bzw. der Verordnung (EG) Nr. 1610/96
  • ein Urheberrecht oder verwandtes Schutzrecht
  • ein Geschmacksmuster/ Design
  • ein Sortenschutzrecht
  • eine Ursprungsbezeichnung bzw. geografische Angabe

Bei Verdacht, dass Waren, für die eine stattgebende Entscheidung vorliegt, ein Recht geistigen Eigentums verletzen (Markenrecht, Urheberrecht, Geschmacksmusterrecht, Patentrecht, ergänzende Schutzzertifikate, Sortenschutzrecht, Ursprungsbezeichnung und geografische Angaben), setzt die Zollbehörde die Überlassung der Waren aus oder hält diese zurück. Eine Aussetzung der Überlassung (AdÜ) wird ausgesprochen, wenn eine Zollanmeldung angenommen wurde. In allen anderen Fällen erfolgt eine Zurückhaltung (ZvW). Die Rechtsfolgen der beiden Maßnahmen sind identisch.

Wichtig:
Im Falle eines Gemeinschaftsschutzrechtes wird der Antrag für alle anderen Mitgliedsstaaten freigegeben; bei nationalen Schutzrechten muss für jedes Land ein eigener Antrag gestellt werden.

Grenzbeschlagnahme nach nationalen Rechtsvorschriften

In der Regel wird die Zollbehörde beim Vorgehen gegen rechtsverletzende Waren nach gemeinschaftsrechtlichen Regelungen tätig. Aber auch im innergemeinschaftlichen Warenverkehr, sowie bei sogenannten Parallelimporten oder bei Gebrauchsmustern und im Halbleiterschutzbereich hat die Zollbehörde die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen. In diesen Fällen kommt eine Beschlagnahme nach nationalen Rechtsvorschriften in Betracht.

Es handelt sich hierbei im Einzelnen um

  • Parallelimporte/Grauimporte,
  • innergemeinschaftlichen Warenverkehr,
  • nicht registrierte Marken und
  • Gebrauchsmuster- und Halbleiterschutzverletzungen.

Die Zollbehörden können bei der Einfuhr oder Ausfuhr beschlagnahmen. Als Einfuhr und Ausfuhr gilt jedes Verbringen in die oder aus der Bundesrepublik Deutschland. Hierunter fallen also nicht nur Einfuhren aus einem Drittland, sondern auch das Verbringen aus einem anderen Mitgliedstaat. Eine Einfuhr ist mit der Ankunft am ersten Bestimmungsort beendet.

Durchführung der Grenzbeschlagnahme

Es muss ein Antrag durch den Rechtsinhaber und eine entsprechende Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) vorgelegt werden. Die Antragsvoraussetzungen sind im Wesentlichen mit denen der Antragstellung nach der VO (EG) Nr. 1383/2003 identisch. Anders als im Verfahren nach gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften (Art. 4 VO (EG) Nr. 1383/2003), ist eine Beschlagnahme ohne bewilligten Antrag ausgeschlossen. Der Antrag kann auch nicht nachgeholt werden.

Liegt ein bewilligter Antrag vor, kann die Zollstelle eine Beschlagnahme anordnen, wenn die Rechtsverletzung offensichtlich ist. Das bedeutet, dass dem Zollbeamten vor Ort die Verletzung klar auf der Hand liegen muss und keine vernünftigen Zweifel bestehen dürfen. In der Praxis bereitet die Prüfung der Offensichtlichkeit die meisten Schwierigkeiten. Hier sind die Zollbehörden auf die Mitwirkung des Rechtsinhabers angewiesen. Bereits bei der Antragstellung muss der Rechtsinhaber Erkennungshinweise zur Verfügung stellen, die die Zollbeamten in die Lage versetzen, eine Rechtsverletzung zweifelsfrei festzustellen. Ohne derartige Hinweise ist die Zollstelle nicht in der Lage, Beschlagnahmen durchzuführen.

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