Merkmale eines Handelsvertreters
In den §§ 84 bis 92 c des Handelsgesetzbuches (HGB) werden die Rechte und Pflichten des Handelsvertreters und des von ihm vertretenen Unternehmens geregelt. Handelsvertreter ist gemäß § 84 HGB, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.
Selbständig ist, wer im wesentlichen seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei bestimmen kann und eigenes unternehmerisches Risiko trägt, also nicht ein „angestellter Reisender“. Handelsvertreter gibt es in allen denkbaren Branchen und Unternehmensbereichen unabhängig von der Art der Rechtsform, z.B. auch als OHG, KG oder GmbH. Für das Vorliegen einer Handelsvertretereigenschaft ist die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit und des Handelsvertretervertrages maßgeblich und nicht die Bezeichnung durch die Parteien. Auch Personen, die nicht die Bezeichnung „Handelsvertreter“ verwenden, sind als Handelsvertreter anzusehen, wenn die Merkmale eines Handelsvertreters erfüllt sind:
- Ständige Vertragsbeziehung zum vertretenen Unternehmen
- Vermittlung / Abschluss von Geschäften und Kundenbetreuung im Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmens
- Selbständigkeit (eigenes Gewerbe, Unternehmer- bzw. Kostenrisiko, Gewerbesteuer)
- Freie Gestaltung der Tätigkeit und freie Bestimmung der Arbeitszeit (Weisungsfreiheit)
- Auszahlung des Entgelts ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben
Abgrenzung zu ähnlichen Vertragsverhältnissen
Der Handelsvertreter unterscheidet sich von anderen im Vertriebsbereich eingesetzten Personen dadurch, dass er in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt.
Angestellter Handelsreisender
Der Handelsreisende kann im Gegensatz zum Handelsvertreter seine Arbeitszeiten sowie seine Tätigkeit nicht selbst frei bestimmen. Er ist ein Angestellter, der Weisungen u.a. hinsichtlich Arbeitszeit, Reiseroute und Kundenbesuche erhält. Er vermittelt oder schließt als Angestellter Geschäfte im Namen seines Arbeitgebers ab. Als Vergütung erhält er in der Regel ein festes Grundgehalt (Fixum), das häufig durch eine Erfolgsprovision ergänzt wird. Auf den Provisionsanteil der Vergütung ist dann das Handelsvertreterrecht entsprechend anwendbar.
Kommissionär
Der Kommissionär unterscheidet sich vom Handelsvertreter dadurch, dass er Waren im eigenen Namen aber für fremde Rechnung verkauft (Beispiel: Zeitschriftenhändler). Für den Kommissionär gelten die speziellen Regelungen der §§ 383 ff. HGB.
Vertragshändler oder Eigenhändler
Der Vertrags- oder Eigenhändler kauft typischerweise auf Grund eines dauernden Vertrages mit einem Hersteller/Lieferanten Waren ein, die er in eigenem Namen und auf eigene Rechnung weiterverkauft. Einzelne Klauseln in Händlerverträgen gleichen denen eines Handelsvertretervertrages. Wenn der Händler ähnliche Rechte und Pflichten wie ein Handelsvertreter besitzt und in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert ist, so kann Handelsvertreterrecht zum Teil entsprechend gelten, vor allem auch für die Begründung eines Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers.
Franchisenehmer
Zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer besteht ein Dauervertragsverhältnis mit umfangreichen gegenseitigen Rechten und Pflichten. Der Franchisegeber stellt dem Franchisenehmer dabei in der Regel ein Geschäftskonzept zum Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen mit einheitlicher Geschäftsbezeichnung und häufig weiteren Vorgaben zum Cooperate Identity zur Verfügung, für welches der Franchisenehmer eine Franchisegebühr zahlen muss. Der Franchisenehmer wird aber im Gegensatz zum Handelvertreter im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig.
Handelsmakler
Der Handelsmakler schließt in fremdem Namen gewerbsmäßig Geschäfte ab, ohne jedoch im Gegensatz zum Handelsvertreter ständig vertraglich damit betraut zu sein. Er steht in keinem dauerhaften Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber und ist daher auch nicht zu einer ständigen Kundenbetreuung und Geschäftsvermittlung verpflichtet. Auf den Handelsmakler finden die eigenen Regelungen der §§ 93 ff. HGB Anwendung.
Der Handelsvertreter als Gewerbetreibender
Der Handelsvertreter muss sein Gewerbe in der Gemeinde, in welcher er seinen Sitz hat, anmelden. Wenn sein Unternehmen keinen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert, ist der Handelsvertreter Gewerbetreibender ohne Kaufmann zu sein. Ein Beispiel für die korrekte Gestaltung eines Geschäftsbriefes finden Sie in der IHK-Information“ Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen „.
Sonderformen des Handelsvertreters
Ein Handelsvertretervertrag kann in verschiedenen Gestaltungsformen vorkommen:
Handelsvertreter im Nebenberuf
Gemäß § 92 b HGB ist dieser nicht hauptsächlich als Handelsvertreter tätig, sondern seine Tätigkeit erstreckt sich auch auf andere Bereiche. Studenten, Hausfrauen oder Rentner sind häufig als Handelsvertreter im Nebenberuf tätig. Entscheidende Kriterien für die Festellung einer Nebenberuflichkeit sind regelmäßig die überwiegende Tätigkeit des Handelsvertreters (zeitlich) und das erzielte Bruttoarbeitseinkommen. Stammt dieses teilweise aus der Tätigkeit als Handelsvertreter und überwiegend aus anderen Beschäftigungen, kommt eine Einordnung als Handelsvertreter im Nebenberuf in Frage.
Für den Handelsvertreter im Nebenberuf bestehen einige gesetzliche Besonderheiten. Die wichtigsten Unterschiede sind die kürzere Kündigungsfrist von einem Monat für den Schluss eines Kalendermonats, die Möglichkeit eine davon abweichende für beide Parteien gleiche Kündigungsfrist zu vereinbaren und die Möglichkeit den Anspruch auf Vorschuss vertraglich auszuschliessen.
Außerdem steht dem Handelsvertreter im Nebenberuf kein Ausgleichsanspruch. Zu beachten ist aber, dass der Unternehmer sich auf diese Besonderheiten nur berufen kann, wenn er den Handelsvertreter ausdrücklich lediglich als solchen im Nebenberuf beauftragt hat.
Unterhandelsvertreter
Der Handelsvertreter kann zur Erfüllung seiner Aufgaben gegenüber dem zu vertretenden Unternehmen eines mehrstufiges Vertreterverhältnis eingehen und einen Untervertreter mit der Vertretung betrauen. Hierbei ist zwischen einer echten und unechten Untervertretung zu unterscheiden:
Bei einer echten Untervertretung ist der Untervertreter als Erfüllungsgehilfe des Hauptvertreters anzusehen. Es besteht lediglich eine vertragliche Beziehung zwischen Untervertreter und Hauptvertreter. Der Hauptvertreter ist damit dem Untervertreter zur Zahlung einer Provision verpflichtet und nicht das vertretene Unternehmen. Der Hauptvertreter bezieht seinerseits Provisionen vom zu vertretenden Unternehmen mit der Folge des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB, auch wenn der Untervertreter für dieses den Geschäftsabschluss vermittelt oder getätigt hat. Die Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen vertretenem Unternehmen und Hauptvertreter beendet nicht automatisch auch das Vertragsverhältnis zwischen Untervertreter und Hauptvertreter. Es bedarf dafür einer eigenen Kündigung, die Ausgleichsansprüche des Untervertreters gegen den Hauptvertreter auslösen kann.
Dagegen besteht bei der unechten Untervertretung ein Handelsvertretervertragsverhältnis direkt zwischen zu vertretendem Unternehmen und Untervertreter. Ergänzend wird ein Subordinationsverhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter vereinbart. Die Untervertreter-Provision wird häufig über den Hauptvertreter abgerechnet, bei dem sie einen durchlaufenden Posten darstellt.
Hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs sind je nach Vergütung des Hauptvertreters Besonderheiten zu berücksichten, wenn der Hauptvertreter am Vermittlungserfolg des unechten Untervertreters beteiligt ist. Dies geschieht entweder in der Praxis durch das Recht des Hauptvertreters einen bestimmten Teil als eigene Vergütung (sog. Provisionsspitze) von der durchlaufenden Untervertreterprovision einzubehalten. Alternativ kann eine Beteiligung unter bestimmten Voraussetzungen aber auch durch Vergütungen des Hauptvertreters erfolgen, wenn diese eine mitwirkende, werbende Tätigkeit des Hauptvertreters vergüten sollen und ihm damit die Tätigkeit des Untervertreters zugerechnet wird.
Versicherungs- und Bausparkassenvertreter
Versicherungsvertreter ist, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Er muss sämtliche Voraussetzungen erfüllen, die auch ein Handelsvertreter zu erfüllen hat. Ein Bauspakassenrvertreter ist ein Handelsvertreter, der Bausparverträge vermittelt oder abschließt. Für ihn gelten sinngemäß dieselben gesetzlichen Regelungen und Besonderheiten wie für den Versicherungsvermittler. In § 92 HGB sind einige spezielle Vorschriften abweichend vom Handelsvertreterrecht geregelt: Der Versicherungs- oder Bausparkassenvertreter hat nur Anspruch auf Provision für Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind. Damit gibt es keine Bezirks- oder Kundenschutzprovision sowie auch keine Provisionen für Folgeaufträge und Nachbestellungen. Außerdem entsteht der Provisionsanspruch erst, wenn der Kunde die Prämie gezahlt hat, wobei von dieser Regelung vertraglich abgewichen werden kann.