Dem Bundesverband Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten e. V. bleibt es aufgrund einer Klage der Bauer Vertriebs KG untersagt, für Presse-Grossisten in Deutschland einheitliche Grosso-Konditionen u. a. mit Verlagen zu vereinbaren sowie Presse-Grossisten aufzufordern, individuelle Verhandlungen mit der Klägerin über Grosso-Konditionen zu verweigern. Der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat mit heutigem Urteil die gegen ein entsprechendes Urteil des LG Köln (Az.: 88 O (Kart) 17/11) gerichtete Berufung des Bundesverbandes zurückgewiesen.
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Befugnis des Bundesverbandes, für seine Mitglieder einheitliche Konditionen mit den Verlagen zu verhandeln und zu vereinbaren, gegen das Kartellverbot aus Art. 101 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoße. Dieses zentrale Verhandlungsmandat des Bundesverbandes bezwecke eine horizontale Wettbewerbsbeschränkung, da es einen Rabatt- und Konditionenwettbewerb zwischen den Presse-Grossisten und den Verlagen bzw. Nationalvertrieben verhindere. Es habe nämlich zur Folge, dass für alle verlagsunabhängigen Presse-Grossisten einheitliche Vertragskonditionen gelten.
Die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV sei entgegen der Auffassung des Bundesverbandes auch nicht gem. Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AUEV ausgeschlossen. Bei den Presse-Grossisten handele es sich nicht um „betraute“ Unternehmen im Sinne dieser Norm. Eine solche „Betrauung“ ließe sich insbesondere nicht aus dem auch unter Beteiligung des Bundesverbandes Mitte 2013 mit der 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) neu eingefügten § 30 Abs. 2a) GWB herleiten. Diese Vorschrift lege den Presse-Grossisten keine Verpflichtung auf, eine bestimmte Leistung zu erbringen. Insbesondere werde ihnen nicht die Aufgabe übertragen, zur Erhaltung der Pressevielfalt Zeitungen und Zeitschriften ohne Rücksicht auf privatwirtschaftliche Gesichtspunkte an den stationären Einzelhandel zu vertreiben, also die Verpflichtung, die Presseerzeugnisse auch dann zu vertreiben, wenn dies im Einzelfall unrentabel sei.
Der Beklagten steht gegen das Urteil das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof zu.
Aktenzeichen: VI – U (Kart) 7/12
Quelle: Pressemitteilung des OLG
Die Klägerin ist die Vertriebsgesellschaft der Bauer Media Group, die zu den fünf größten deutschen Verlagshäusern gehört. Der Beklagte ist die bundesweite Vereinigung von rund 55 Presse-Grossisten.
In Deutschland werden nahezu alle Zeitungen und Zeitschriften, die über den stationären Einzelhandel mit Ausnahme der Bahnhofsbuchhandlungen verkauft werden, auf der Großhandelsebene von 55 verlangsunabhängigen und 15 Grossisten mit unterschiedlicher Verlagsbeteiligung vertrieben. Grundsätzlich – mit Ausnahme von vier Gebieten – versorgt jeweils nur ein einziger Grossist ein bestimmtes Gebiet mit Publikationen aller Verlage. Die Grossisten kaufen die Zeitungen und Zeitschriften von den Verlagen bzw. ihren Vertriebsgesellschaften und Nationalvertrieben und verkaufen sie in ihrem Gebiet zu gebundenen Preisen an die Einzelhändler. Die Vergütung der Grossisten richtet sich nach den Handelsspannen, die zwischen ihnen und den Verlagen jeweils für mehrere Jahre vereinbart werden. Für die verlagsunabhängigen Grossisten werden diese Verhandlungen von der Beklagten geführt und die Ergebnisse von den anderen Verlagen übernommen, so dass die Verlage mit allen Mitgliedern des Beklagten einheitliche Preise- und Konditionen vereinbaren. Die Klägerin versuchte im Jahre 2009, die Vertragskonditionen individuell mit den einzelnen Grossisten zu verhandeln, wozu diese jedoch nicht bereit waren.