Ein Störer haftet aber schon dann wegen Verletzung einer wettbewerblichen Verkehrspflicht für die fehlerhaften Einträge ab Kenntnis der Rechtswidrigkeit. Unstreitig war ihr aufgrund der Beanstandung der Ordnungsbehörde Anfang 2013 bekannt, dass die für sie geschalteten Einträge in den Verzeichnissen fehlerhaft waren und einen Verstoß gegen § 49 Abs. 4 S. 5 PBefG darstellten. Dann entsprach es aber dem Gebot fachlicher Sorgfalt (§ 3 Abs. 2 S. 1 UWG), dafür zu sorgen, dass die Einträge berichtigt wurden.
OLG Köln Urteil vom 12. Dezember 2014 zu Az. 6 U 101/14
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 15. 5. 2014 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn – 12 O 4/14 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bonn vom 28. 2. 2014 wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Der Antragsgegnerin wird untersagt, im Wettbewerb handelnd für die Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen
1. in öffentlichen Telefonverzeichnissen durch die Angabe ihrer Kontaktdaten unter der Rubrik „Taxi“ zu werben oder werben zu lassen, wie nachfolgend eingeblendet:
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
und/oder
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
und/oder
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
und/oder
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
und/oder
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
und/oder
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
2. mit der Bezeichnung „Taxi“ zu werben oder werben zu lassen, wie nachfolgend eingeblendet:
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
und/oder
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
und/oder
„es folgt eine graphische Wiedergabe“
II. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht überschreiten darf und an der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin zu vollziehen ist.
III. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der des Berufungsverfahrens tragen die Antragstellerin zu 10 % und die Antragsgegnerin zu 90 %.
IV. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz (insoweit in Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung) sowie des Berufungsverfahrens wird auf 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
I.
Die Parteien streiten um Werbemaßnahmen der Antragsgegnerin in Internetausgaben von Telefonverzeichnissen und an ihren Betriebsstätten in T und M. Die Antragstellerin hat folgenden Eintragungen in Verzeichnissen beanstandet, die jeweils durch Eingabe der Suchbegriffe „Was: Taxi“ und „Wo: T“ beziehungsweise „Wo: M“ aufgerufen werden konnten:
Verzeichnis
„Eintrag“
Telefonnummer
Branchenangabe
Gelbe Seiten
„Eintrag“
„Telefonnummer“
Mietwagenverkehr
Das Örtliche
„Eintrag“
„Telefonnummer“
./.
Das Örtliche
„Eintrag“
„Telefonnummer“
./.
Das Örtliche
„Eintrag“
„Telefonnummer“
./.
Das Telefonbuch
„Eintrag“
„Telefonnummer“
Taxi
Gelbe Seiten
„Eintrag“
„Telefonnummer“
Taxiunternehmen
Das Örtliche
„Eintrag“
„Telefonnummer“
./.
Das Telefonbuch
„Eintrag“
„Telefonnummer“
Taxi
An den Betriebsstätten der Antragsgegnerin waren von außen sichtbare Werbetafeln angebracht, auf denen es sinngemäß, jeweils in Verbindung mit der Firmenbezeichnung der Antragsgegnerin, hieß:
„Taxi?
Mietwagen?
Vergleichen Sie!“
Die Antragsgegnerin hat sich damit verteidigt, bei der Zuordnung ihres Unternehmens zu der Branche „Taxiunternehmen“ habe es sich um ein Versehen des Verlages gehandelt. Nachdem Anfang 2013 die zuständigen Ordnungsbehörden diese Werbung beanstandet habe, habe sie bereits unter dem 1. 4. 2013 ein Telefax an den Verlag gesandt, in dem sie auf die Richtigstellung gedrängt habe.
Das Landgericht Bonn hat die beanstandeten Werbemaßnahmen durch einstweilige Verfügung verboten und mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Antragsgegnerin weiter das Ziel der Aufhebung der einstweiligen Verfügung sowie der Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags. Zur Begründung trägt sie insbesondere vor, die Telefonnummer (02XXX) X XX X9 sei nicht ihr, sondern einem anderen Unternehmen „N D T2 C GmbH“ mit Sitz in der L-Straße XXX in T zugeordnet.
Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, die Antragsgegnerin sei, nachdem sie unstreitig Anfang 2013 von der Ordnungsbehörde auf die fehlerhafte Werbung hingewiesen worden sei, dazu verpflichtet gewesen, für deren Beseitigung zu sorgen. Das Telefax vom 1. 4. 2013, dessen Versand sie bestreite, sei insoweit auch nicht ausreichend gewesen, da die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sei, die Befolgung ihre Anweisungen zu kontrollieren.
II.
Nachdem die Antragstellerin ihren Antrag zurückgenommen hat, soweit sie die beiden mit der Telefonnummer (02XXX) X XX X9 versehenen Einträge beanstandet hat, bleibt die Berufung der Antragsgegnerin, soweit noch über sie zu entscheiden ist, ohne Erfolg.
1. Der Antragstellerin steht ein Anspruch auf Unterlassung der Werbung, wie in den Telefonbucheinträgen geschehen, aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i. V. m. § 49 Abs. 4 S. 5 PBefG zu.
a) Auch die Antragsgegnerin zieht nicht in Zweifel, dass die beanstandeten Einträge einen Verstoß gegen § 49 Abs. 4 S. 5 PBefG darstellen, wie das Landgericht mit zutreffender Begründung näher ausgeführt hat.
b) Die Antragsgegnerin ist für die noch zu beurteilenden Einträge verantwortlich.
Aus Sicht des Senats spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass diese Einträge so, wie sie in den Verzeichnissen erschienen sind, auch auf die Antragsgegnerin zurückzuführen sind. Da die Antragsgegnerin selber vorgetragen hat, der Eintrag in den „gelben Seiten“ beruhe auf einem Vertrag, wäre zu erwarten gewesen – wie von der Antragstellerin gefordert -, dass dieser Vertrag vorgelegt wird, was auch in der Berufungsinstanz nicht geschehen ist.
Allerdings hat die Antragstellerin bereits in der ersten Instanz E-Mails des zuständigen Verlags vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass der Brancheneintrag für die Telefonnummer in M (02XXX) XX XX X5 auf einem Irrtum des Verlags beruht, der auf eine Verwechslung mit der ähnlich firmierenden „N D T2“ zurückzuführen ist. Von einer indiziellen Wirkung des Eintrags dahingehend, dass die Antragsgegnerin ihn auch so veranlasst habe, kann daher für diesen Fall nicht ausgegangen werden.
Die Antragsgegnerin haftet aber jedenfalls wegen Verletzung einer wettbewerblichen Verkehrspflicht für die fehlerhaften Einträge. Unstreitig war ihr aufgrund der Beanstandung der Ordnungsbehörde Anfang 2013 bekannt, dass die für sie geschalteten Einträge in den Verzeichnissen fehlerhaft waren und einen Verstoß gegen § 49 Abs. 4 S. 5 PBefG darstellten. Dann entsprach es aber dem Gebot fachlicher Sorgfalt (§ 3 Abs. 2 S. 1 UWG), dafür zu sorgen, dass die Einträge berichtigt wurden. Es kann dabei dahinstehen, ob die Antragsgegnerin glaubhaft gemacht hat, dass sie sich am 1. 4. 2013 an den Verlag gewandt hat. Aufgrund der seitens der Antragstellerin vorgelegten E-Mails des Verlages steht fest, dass die Berichtigung erst im Februar 2014 erfolgt ist, möglicherweise sogar erst aufgrund eines Telefaxschreibens des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 1. 4. 2014. Wenn die Antragsgegnerin eine Pflicht traf, den in ihrem Namen geschalteten fehlerhaften Eintrag zu korrigieren, dann war sie auch verpflichtet, die Einhaltung ihrer Weisungen zu kontrollieren. Dies gilt vor allem deshalb, weil ihr nach dem Inhalt des von ihr vorgelegten Telefax vom 1. 4. 2013 bekannt war, dass die unveränderten Einträge erhebliche Nachteile, bis hin zur gerichtlichen Inanspruchnahme durch Wettbewerber, mit sich bringen konnten. Dieser Verpflichtung war sich die Antragsgegnerin auch bewusst, wie sich aus der Äußerung ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht „Wir haben auch immer nachgeguckt und korrigiert“ ergibt. Wenn dennoch rechtswidrige Einträge – wie es hier unstreitig ist – ein Jahr in öffentlichen Verzeichnissen verbleiben konnten, ist die Antragsgegnerin hierfür verantwortlich.
2. Mit zutreffender Begründung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Werbung an den Betriebsstätten der Antragsgegnerin ebenfalls einen Verstoß gegen § 49 Abs. 4 S. 5 PBefG darstellt. Allein der Umstand, dass der Begriff „Taxi“ mit Fragezeichen versehen ist, schließt nicht das Missverständnis eines erheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise aus, dass die Antragsgegnerin Taxidienstleistungen anbietet. Es mag sein, dass die Antragsgegnerin die Werbung so gemeint hat, dass sie lediglich zu einem Vergleich zwischen den Preisen für ein Taxi und ihren Preisen auffordern wollte. Der plakative Hinweis „? Taxi ?“ kann aber auch so verstanden werden, dass sich die Antragsgegnerin damit an Kunden wendet, die ein Taxi suchen und ihnen zu verstehen gibt, dass sie sowohl Taxen als auch Mietwagen anbietet.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht anwendbar, da die ursprünglich geltend gemachte Mehrforderung (zehn statt acht Beanstandungen) einen Kostensprung ausgelöst hat.
Die Entscheidung ist mit ihrer Verkündung rechtskräftig, § 542 Abs. 2 ZPO.
4. Der Streitwert war für das Berufungsverfahren und das Verfahren erster Instanz unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Antragstellerin (6 W 166/14) auf 30.000 EUR festzusetzen. Gemäß den §§ 51 Abs. 2 und 4 GKG, 3 ZPO ist der Gegenstandswert für das Verfahren nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist das Interesse des Anspruchstellers an der Verhinderung künftiger Verletzungshandlungen. Der Umfang des Interesses hängt von der Gefährlichkeit der zu verbietenden Handlung, mithin der Wahrscheinlichkeit und dem Ausmaß einer künftigen Beeinträchtigung dieses Interesses ab, wobei bei dem Antrag eines Verbandes zur Förderung gewerblicher Interessen das Interesse des Verbandes im Regelfall ebenso zu bewerten ist wie das eines gewichtigen Mitbewerbers (Köhler, in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 Rn. 5.5, 5.8 m. w. N.). Streitwertangaben in der Antragsschrift haben dabei zwar indizielle Bedeutung für das maßgebliche Interesse des Anspruchstellers. Das Gericht darf sie aber nicht unbesehen übernehmen, sondern hat den Streitwert anhand der objektiven Gegebenheiten und unter Heranziehung seiner Erfahrung und üblicher Wertfestsetzungen in gleichartigen oder ähnlichen Fällen in vollem Umfang selbständig nachzuprüfen (KG, NJOZ 2010, 2020, 2021; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 Rn. 5.4).
Der Senat hat für vergleichbare Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz Werte zwischen 3.000 und 6.000 EUR angenommen (Beschl. v. 14. 1. 2013 – 6 W 6/13 und 6 W 15/13), wobei dort der Betrieb des Antragsgegners wie auch im vorliegenden Verfahren nicht besonders umfangreich war. Grundsätzlich sind zwar die Verstöße durch die Einträge in den Telefonverzeichnissen als schwerwiegender zu bewerten, da diese Einträge eine größere Reichweite haben als die Fensterwerbung an den Betriebsstätten der Antragsgegnerin. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin insgesamt acht Einträge in Telefonverzeichnissen beanstandet hat, die letztlich im Ergebnis auf eine einheitliche Handlung der Antragsgegnerin zurückzuführen sind und eine vergleichbare Zielrichtung haben. Im Ergebnis erscheint es hier daher sachgerecht, jeden einzelnen gerügten Verstoß mit 3.000 EUR zu bewerten, was zu einem Streitwert von insgesamt 30.000 EUR (acht Verzeichniseinträge, Werbemaßnahmen an zwei Betriebsstätten) führt.